Wechselgeschäft. Worin bestand diese Tätigkeit? Es war Teil des Kreditwesens. Wechsel waren Schuldverschreibungen und konnten weiterverkauft werden. Ein Großteil der Finanztransaktionen des 18. Jh.s waren Kreditgeschäfte für die verschwenderischen Fürstenhöfe, bei denen häufig Umschuldungen vorkamen, d.h. bestehende Schulden konnten nur durch neu aufgenommene Schulden (meist zu höheren Zinsen) zurückgezahlt werden. Die Verschuldungsspirale brachte v.a. kleinere Fürstenhäuser in Not und einige hessischen Grafen fielen in diese Kategorie. Wenn christliche Geldgeber nicht mehr bereit waren, Kredite an überschuldete Fürsten zu geben, so sprangen risikobereite jüdische Geldgeber ein, wie dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt Süss Oppenheimer. Mit dem Geld, dass sie vermittelten, kauften sie dann auch für die Fürsten allerlei Preziositäten, Luxuswaren im Allgemeinen oder finanzierten Kriegseinsätze. Sie konnten dadurch eine steile Erfolgskarriere machen oder schnell untergehen und dies sogar, wie im Fall von Süss am württembergischen Hof, mit dem Leben bezahlen. Das Wechselgeschäft war ein wesentlicher Bestandteil des internationalen Börsengeschäfts und auch in Frankfurt stand es seit jeher im Mittelpunkt der Messe. Mit der beginnenden Industrialisierung, zuerst in England, und den aufkommenden modernen Banken und neuen Aktiengesellschaften wandelte sich dieser Aspekt des Kreditgeschäfts hin zu produktiven Anlagen. Wie auch andere profitierte Mayer Amschel Rothschild davon, bereits im Geldgeschäft etabliert zu sein, wenn auch bis dahin nur als kleine Größe, um auf diesen Zug aufspringen zu können. Wie nach Marx’ Analyse dem Kapitalismus eine Phase “ursprünglicher Akkumulation des Kapitals” vorausgehen musste, damit das notwendige Kapital da war, das die kapitalistische Dynamik entfalten konnte, so galt dies analog für die Karriere der Rothschilds und aller anderen, auch Christen, im Finanzwesen.
Hoffaktor. 1769 erewarb sich Mayer Amschel den Titel “Hoch-Fürstlichen Hessen-Nassauischer Hof-Factor” in Diensten des Landgrafen Wilhelm von Hanau. Daneben betrieb er seinen Münzhandel weiter und erlangte dadurch Kontakte zu weitgespannten herrschaftlichen Kreisen. Dennoch wurde er dadurch noch nicht wirklich reich, sein Einkommen kategorisierte ihn noch in der wohlhabenden Mittelschicht. In den 1770er Jahren lag sein Jahreseinkommen bei ca. 2400 Gulden, das entsprach etwa dem der Familie Goethe [1], die zu jenem Zeitpunkt bereits vom Ertrag des Vermögens lebte, nachdem Goethes Vater Johann Caspar, der Jurist am Reichskammergericht gewesen war. sich aus dem aktiven Erwerbsleben zurückgezogen hatte. In der Revolutionszeit dehnte Rotschild seine Tätigkleit auf den Handel mit englischen Tuchen und Kolonialwaren aus. Dies macht auch deutlich, dass es reine Bankiers über das kleine Geldwechselgeschäft bis dahin praktisch nicht gegeben hatte, vielmehr entwickelten sich Handel und Kreditwesen parallel und miteinander verbunden und entsprechend nahen Händler auch Kredite auch und vergaben Kredite. So entstanden langsam Bankiers. Man kann das sehr gut an der Geschichte der anderen (christlichen) Frankfurter Familie Bethmann nachvollziehen. Johann Philipp Bethmann war eine Generation älter als Mayer Amschel Rothschild. V.a. unter Moritz Simon Bethmann, dem Sohn und Nachfolger, traten die Häuser Bethmann und Rothschild in Konkurrrenz zueinander in der Gunst áls Finanziers europäischer Fürstenhöfe. Beim Kurfürsten von Hessen-Kassel gelang es M. A. Rothschild, die Bethmanns als Hofbankiers zu verdrängen.
Im Aufbau - wird fortgesetzt...
|